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Digitaler Türspion: Urteil zu Überwachung und Datenschutz

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Immer öfter kommen heutzutage digitale Türspione in Mietshäusern zum Einsatz. Das Amtsgericht Bergisch Gladbach urteilte nun zur Zulässigkeit einer solchen umstrittenen Überwachungseinrichtung.

Wie funktioniert ein digitaler Türspion?

Die Digitalisierung bzw. das Überwachungsverlangen mancher macht auch bei Türspionen nicht halt. Ein digitaler Türspion ersetzt den normalen optischen Türspion durch eine Kamera, die mit einem Monitor verbunden ist. So sind nun auch digitale Türspione mit Kamerafunktion und Smartphone-Kopplung für kleines Geld erhältlich. Diese bieten die Möglichkeit der Aufzeichnung des Geschehens vor der Wohnungstür und erlauben sogar den ortsunabhängigen Zugriff auf die Bild- und Tonübertragungen per Smartphone.

Viele elektronische Türspione bieten zudem ein Weitwinkelbild, mit dem man einen großen Bereich des Hausflurs überwachen kann. Auf Wunsch kann sogar ein Gerät mit Nachtsicht- oder Infrarotmodus geliefert werden. Auch eine Speicherung dieser Daten auf einer MicroSD – Karte, in der Cloud oder aber auf dem Computer ist möglich.

Türspion als Grundrechtseingriff

Auch wer gerne weiß, wie sich seine Nachbarn vor der Wohnungstür verhalten bzw. wann und mit wem diese abends nach Hause kommen, darf diese nicht ohne Weiteres elektronisch überwachen. Im Kern der Entscheidung des Amtsgerichts Bergisch Gladbach vom 3.9.2015 – 70 C 17/15 ging es darum, ob ein Sondereigentümer in einer Wohnungseigentümergemeinschaft einen digitalen Türspion mit Kamerafunktion auch gegen den Beschluss der Eigentümerversammlung nutzen darf.

Der Ehemann der Beklagten war Jäger und verfügte über einen Waffenschein. Im Zuge einer Vor-Ort-Überprüfung durch die Polizei hinsichtlich der gesetzeskonformen Lagerung von Waffen und Munition gab die Polizei die Empfehlung, aus Sicherheitsgründen eine Türalarmanlage zum Schutz vor Einbrechern zu installieren. Daraufhin wurde eine digitale Türkameraanlage zur Einlasskontrolle montiert. Die Kamera wurde anlassbezogen mit Klingeln an der Wohnungstür aktiviert und nahm dann den unmittelbaren Eingangsbereich vor der Wohnungstür auf.

Das Amtsgericht hat entschieden, dass ein solcher Türspion in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der anderen Miteigentümer sowie der Besucher und Mieter eingreift. Dieser Eingriff sei rechtswidrig, da die Kameraüberwachung weder zur Wahrnehmung des Hausrechts noch zur Wahrung sonstiger berechtigter Interessen erforderlich sei. Auch eine vorherige Empfehlung der Installation durch die Polizei führe zu keinem anderen Ergebnis.

Wann wäre eine solche Kamera zulässig?

Wie so oft im Datenschutz ist die Entscheidung der Zulässigkeit einer Datenverarbeitung aufgrund einer Interessenabwägung zwischen den Interessen des Nutzers des Gerätes und den Interessen der anderen Wohnungseigentümer zu treffen.

Nach der Rechtsprechung kann ein solcher Türspion mit Kamera aufgrund des Gebrauchsrechts des Eigentümers bzw. Sondereigentümers zulässig sein, wenn die Kamera ausschließlich auf Bereiche gerichtet ist, die dem Sondereigentum des jeweiligen Eigentümers unterfallen. Bei der Installation einer Kamera – sei es im Unternehmen oder auch privat – muss immer penibel darauf geachtet werden, dass keine öffentlichen Bereiche, benachbarte Privatgrundstücke oder gemeinsame Zugangswege von der Aufnahme betroffen sind. Der Eingangsbereich einer Wohnungseigentumsanlage kann

„mit einer Videokamera überwacht werden, wenn ein berechtigtes Überwachungsinteresse der Gemeinschaft das Interesse des einzelnen Wohnungseigentümers und von Dritten, deren Verhalten mit überwacht wird, überwiegt und die Ausgestaltung der Überwachung unter Berücksichtigung der Regelung des Bundesdatenschutzgesetzes inhaltlich und formell dem Schutzbedürfnis des einzelnen ausreichend Rechnung trägt.“

Das Gericht sah dieses Erfordernis im vorliegenden Fall als nicht gegeben an, weil es bereits an einer Überwachung im Interesse der Gemeinschaft fehlte, da die Überwachung ausschließlich zum Schutz des Sondereigentümers erfolgte. Zudem seien auch

„im Rahmen der Interessenabwägung […] die Besonderheiten des Wohnungseigentumsrechts zu berücksichtigen, wonach in jedem Fall vor Einbau einer solchen Kameraanlage eine entsprechende Beschlussfassung hätte herbeigeführt werden müssen. Dabei spricht […] viel dafür, dass die Installation einer derartigen Kamera nur zulässig sein kann, sofern alle Miteigentümer zustimmen.“

Praxistipp

Verlassen Sie sich bei der Installation nicht ausschließlich auf das Unternehmen, welches die Kamera installiert. Auch die digitalen Türspione, die Sie im Baumarkt oder im Internet kaufen können, müssen datenschutzkonform genutzt werden. Sie sind die verantwortliche Stelle im Sinne des § 3 Abs. 7 BDSG und damit für den gesetzeskonformen Einsatz einer Videoüberwachungsanlage verantwortlich. Nur allzu oft werden Kameras nicht im Einklang mit den Regelungen des Datenschutzrechts eingesetzt. Hier finden Sie die wichtigsten Informationen allgemein zur Videoüberwachung.

Überlegen Sie es sich gut, ob sie das rechtliche Risiko einer unzulässigen Überwachung und den vorprogrammierten Streit mit den Nachbarn wirklich eingehen wollen!


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