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Videoüberwachung: Wenn der Betriebsrat nichts zu melden hat

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Nach einem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern besteht kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates bei der Einführung einer Videoüberwachungsanlage im Unternehmen, wenn ausschließlich der Einsatz von Kameraattrappen geplant ist.

Videoüberwachung im Unternehmen

Um diese Entscheidung des Landesarbeitsgerichts besser verstehen zu können, hier noch einmal die Basics zur Videoüberwachung im Unternehmen:

Die Videoüberwachung darf nach den Vorgaben des BDSG nur unter den speziellen Voraussetzungen des § 6b BDSG und unter Beachtung einer umfassenden Abwägung der widerstreitenden Interessen erfolgen. Ferner ist sie nur zu bestimmten Zwecken und als ultima ratio überhaupt zulässig. Einen guten Überblick bietet hier die Orientierungshilfe Videoüberwachung durch nicht-öffentliche Stellen des Düsseldorfer Kreises.

Danach sind selbst Videoattrappen, ebenso wie die „echte“ Videoüberwachung analog § 6b BDSG in geeigneter Weise kenntlich zu machen.

Bei der Videoüberwachung handelt es sich nach ganz herrschender Meinung um eine

„technische Einrichtung, die dazu bestimmt ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG)“.

Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates

Nach ganz einhelliger Rechtsprechung ist für die Anwendung des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG unerheblich, ob die Überwachungseinrichtung tatsächlich zur Überwachung der Arbeitnehmer genutzt wird. Ausreichend ist bereits, dass die bloße nicht nur triviale Möglichkeit besteht, das Leistungsverhalten der Arbeitnehmer zu überwachen.

In diesen Fällen besteht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates.

Grundlage für diese gesetzgeberische Entscheidung ist das auch im Arbeitsverhältnis geltende allgemeine Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers, welches aufgrund des mit einer Videoüberwachung einhergehenden Überwachungsdrucks tangiert ist (Art. 2 Abs. 1 GG). Dieses ist gem. § 80 BetrVG durch den Arbeitgeber und den Betriebsrat zu wahren. Der Überwachungsdruck, unter den ein Mitarbeiter bei der Installation einer Videoüberwachung gestellt wird, ist unabhängig davon gegeben, ob es sich um eine „echte“ Videoüberwachung, oder nur um eine Attrappe handelt. Daher wurde bisher auch bei Attrappen die Beteiligung des Betriebsrates vorgenommen.

Kein Beteiligungsrecht des Betriebsrates

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat nunmehr für den Fall der Installation von Attrappen entschieden, dass eine Beteiligung des Betriebsrates gem. § 87 Abs.1 Nr. 6 BetrVG nicht in Betracht kommt.

Hierzu führt es aus:

„Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG scheidet vorliegend bereits auf den ersten Blick ersichtlich aus, da die hier gegebene Kameraattrappe jedenfalls objektiv nicht geeignet ist, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen (vgl. insoweit auch ErfK, 15. Auflage/Kania, Rn. 55 zu § 87 BetrVG m. w. N.). […]

Eine analoge Anwendung von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG auf die vorliegende Fallkonstellation verbietet sich ebenfalls. Denn nach Sinn und Zweck von § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG ist der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Arbeitnehmers vor Eingriffen durch anonyme technische Kontrolleinrichtungen bezweckt (ErfK, 15. Auflage/Kania, Rn. 48 zu § 87 BetrVG). Derartige Eingriffe sind von einer Attrappe ersichtlich nicht zu erwarten. […]“

Ferner setzte sich das Gericht auch mit § 87 Abs. 1 Nr. 1 auseinander:

„Der Geltungsbereich des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG ist vorliegend bereits deshalb nicht eröffnet, weil die Anbringung der Attrappe einer Videokamera im Außenbereich auf den ersten Blick keine Auswirkungen auf das innerbetriebliche Zusammenleben der Arbeitnehmer bei der Beteiligten zu 2 entfalten kann. Auch ist nicht erkennbar, welche konkreten (Mit-)Gestaltungsmöglichkeiten sich diesbezüglich ergeben sollen.“

Was folgt für die Praxis

Bei der Installation einer rein aus Attrappen bestehenden Videoüberwachungsanlage ist eine Beteiligung des Betriebsrates also nicht erforderlich, bzw. unzulässig. Allerdings dürfte mit erheblicher Unruhe seitens des Betriebsrates zu rechnen sein, wird eine Videoüberwachungsanlage ohne seine Beteiligung installiert, deren Attrappeneigenschaft man tunlichst nicht offenlegen will. Insoweit ist dringend anzuraten, eine Konsultation des Betriebsrates im Vorwege zu forcieren und die Attrappeneigenschaft unter dem Aspekt der Verschwiegenheit, § 79 BetrVG, herauszustellen.

 


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