Dashcamvideos von Autofahrten erfreuen in den sozialen Medien viele Motorfreunde. Inhalt solcher Videos sind neben Straßen und vierrädrigen Tufftuffs oft auch Passanten und Autofahrer. Nicht jeder dieser mag sich freuen, ungefragt Komparse zu spielen. So musste sich ein Regisseur solcher Videos vor dem Kadi verantworten, weil ihm vorgeworfen wurde, nicht datenschutzkonform zu arbeiten. Der Beitrag stellt das Urteil des VG Schleswig vor, das im Zwielicht von Mechanophilia und Datenschutz entscheiden musste.
Wer hat wie Videos im Straßenverkehr aufgenommen?
In dem Verfahren wendet sich der Kläger gegen eine datenschutzrechtliche Verfügung der beklagten Aufsichtsbehörde.
Der Kläger fertigt Videos von Autofahrten an. Dabei filmt er mit einer auf dem Autodach montierten Kamera in Fahrtrichtung und veröffentlichte die Videos im Internet. Auf dem mit der Kamera ausgestatteten Fahrzeug befand sich ein QR-Code, über den die Nutzer auf eine Website gelangen konnten, auf der der Kläger die Betroffenen nach der DSGVO informierte.
Aufgrund einer Beschwerde befragte die Beklagte den Kläger wie er den Datenschutz gewährleiste.
Der Kläger antwortete, dass es sich bei seinen Videos um Kunst handele. Die Aufnahme von Personen sei datenschutz- und urheberrechtlich als Beiwerk ohne Einwilligung zulässig. Die Videos seien alle im öffentlichen Straßenraum aufgenommen worden. Eine Verpixelung der gefilmten Kfz-Kennzeichen und Personen sei nicht erforderlich, da diese durch den ND-Filter der Kamera und die Belichtungszeit von 1/60 Sekunde zu ca. 98 % unkenntlich gemacht würden.
Mit dem daraufhin ergangenen Bescheid verpflichtete die Beklagte den Kläger, bei aktuellen und zukünftigen Videoaufnahmen die im Vordergrund gefilmten Personen und Kfz-Kennzeichen unkenntlich zu machen. Ferner wurde der Kläger verpflichtet, durch einen Hinweis am Fahrzeug darauf hinzuweisen, dass die Aufnahmen veröffentlicht werden, wer für diese verantwortlich und wie der Verantwortliche zu erreichen sei sowie welche Interessen er mit den Aufnahmen verfolge. Der Videokünstler wollte keine dieser Auflagen akzeptieren und machte seinem Zorn klagend Luft.
Waren die Filmaufnahmen im Straßenverkehr zulässig?
Bis auf die Pflicht zur Anbringung eines Hinweises auf das Fahrzeug wies das VG die Klage ab.
Die Informationspflichten ergäben sich aus Art. 13 DSGVO, da eine Direkterhebung vorläge.
Der Kläger sei nach Art. 13 Abs. 1 lit. d DSGVO verpflichtet, die Betroffenen über die Interessen zu informieren, auf die er die Aufnahmen stützt. Dieser Verpflichtung komme der Kläger durch den Verweis auf die Website mittels QR-Codes nach. Aufgrund der mobilen Verarbeitungssituation sei der Medienbruch unter Abwägung mit der Kunstfreiheit des Klägers zulässig. Es sei ihm unmöglich, alle Transparenzpflichten vor Ort zu erfüllen. Es sei ausreichend, wenn der Kläger auf dem Fahrzeug nur über die wesentlichen Parameter der Aufnahmen informiere und im Übrigen per QR-Code auf die Website verweise. Welche Interessen der Kläger mit den Aufnahmen verfolge sei weniger wesentlich. Die Auflage sei daher rechtswidrig, soweit sie den Kläger verpflichte, seine Interessen darzulegen. Im Übrigen seien die Informationen zur Veröffentlichung der Aufnahmen, der Verantwortlichkeit und der Kontaktdaten des Verantwortlichen essenziell und daher gerechtfertigt (Art. 12 Abs. 1 lit. a), c) DSGVO).
Auch die Verpflichtung zur Anonymisierung von Personen, die nicht nur als Beiwerk aufgenommen wurden, sei rechtmäßig. Entscheidend für die Einordnung als Beiwerk sei, ob nach dem Eindruck der Aufnahme die Umgebung oder (auch) die betroffenen Personen das Motiv prägen (§ 23 Abs. 1 Satz 2 KUG). Dieser Maßstab sei auch für die Frage heranzuziehen, wann der Kläger die gefilmten Personen zum Schutz ihrer Privatsphäre anonymisieren müsse. Insoweit überwiege das Interesse der Vielzahl der Betroffenen, da der Eingriff angesichts der bereits bestehenden Anonymisierungsquote von 98 % geringfügig sei. Die Verpflichtung nach diesem Maßstab erstrecke sich auch auf Kfz-Kennzeichen.
Videoaufnahmen im Straßenverkehr – ein Tanz nah am Vulkan?
Das Urteil zeigt, wie differenziert die Informationspflichten bei Videoaufzeichnungen nach den einzelnen Buchstaben des Art. 13 DSGVO beurteilt werden können. Dies gewährleistet ein hohes Maß an Flexibilität, schafft aber auch die Notwendigkeit, konkret auf das Geschäftsmodell zugeschnittene Lösungen zur Erfüllung der Informationspflichten zu finden. Dies gilt nicht nur für den hier entschiedenen Fall, sondern generell bei der Erstellung von Videos, z.B. bei der Überwachung von Betriebsgeländen. Eine gute Einführung, wie solche Lösungen aussehen können, bietet unser Webinar zu den Informationspflichten:
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