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Verdeckte Videoüberwachung am Arbeitsplatz nur als Ultima Ratio

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Die verdeckte Videoüberwachung am Arbeitsplatz stellt einen starken Eingriff in die Grundrechte der Beschäftigten dar. Sie ist grundsätzlich umstritten und allenfalls in einem engen Rahmen möglich, insbesondere bei Verdacht auf Vorliegen einer Straftat. Lesen Sie hier mehr zu einer aktuellen Entscheidung des LAG Nürnberg.

Verdacht auf Diebstahl von zwei Jägermeisterflaschen

Ein Lagermitarbeiter soll zwei Jägermeisterflaschen á 0,04 l entwendet haben während er sich in einem Bereich aufhielt, in dem Spirituosen gelagert wurden und der fern seines eigenen Arbeitsbereichs war. Die verdeckte Videoüberwachung war in diesem Bereich installiert worden nachdem es laut Arbeitgeber mehrfach zu Schwund im Spirituosenbestand gekommen war. Es fehlte für diesen Vorwurf des Arbeitgebers an einem Augenzeugen, so dass der Urteilsspruch im Kern an der Verwertbarkeit der verdeckten Videoüberwachung und der angefertigten Screenshots hing.

In diesem Artikel werden nur die datenschutzrechtlich relevanten Punkte besprochen, die arbeitsrechtliche Seite des Urteils wird ausgespart.

Grundsätze der verdeckten Videoüberwachung

Die Videoüberwachung stellt grundsätzlich eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten nach Art. 4 Nr. 1 DSGVO dar. Sie fällt daher in den Schutzbereich der DSGVO. Die DSGVO stellt die Verarbeitung von personenbezogenen Daten grundsätzlich unter Verbot mit einem Erlaubnisvorbehalt, wie z.B. der Einwilligung des Betroffenen nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a DSGVO.

Eine Ausnahme für die verdeckte Videoüberwachung ist umstritten, wird jedoch durch das Bundesarbeitsgericht (BAG) in § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG gesehen. Nach § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG ist eine Verarbeitung von personenbezogenen Daten zur Aufdeckung von Straftaten innerhalb eines Beschäftigungsverhältnisses zulässig. Hierfür müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

  • tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Straftat,
  • mildere Ermittlungsmaßnahmen stehen nicht zur Verfügung und
  • die Maßnahme ist verhältnismäßig.

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG steht laut dem BAG der Verwertung dann nicht entgegen, wenn die Voraussetzungen von § 26 BDSG erfüllt sind und der Betriebsrat bei der Installation der Überwachungskamera sowie bei der Auswertung der damit gewonnenen Erkenntnisse beteiligt war (§ 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG).

Das BAG führt hierzu im Urteil vom 28.03.2019 (8 AZR 421/17) aus:

„Erlaubt das BDSG die Datenverarbeitung, so kann der Verwertung der gewonnenen Daten im gerichtlichen Verfahren das Recht auf informationelle Selbstbestimmung regelmäßig nicht entgegenstehen.“

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) ist § 26 Abs. 1 S. 2 BDSG schon keine geeignete gesetzliche Grundlage für verdeckte Videoaufnahmen, wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot aus Art. 88 Abs. 2 DSGVO i.V.m. Art. 23 DSGVO, da heimliche Maßnahmen nicht ausdrücklich in § 26 BDSG aufgeführt werden. Lesen Sie hier mehr zur aktuellen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR).

Verdeckte Videoüberwachung war unverhältnismäßig

In der ersten Instanz wurden die Videoaufzeichnung sowie gefertigte Screenshots durch das AG Würzburg bereits für unverwertbar erklärt und der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers stattgegeben. Das LAG Nürnberg bestätigte nun in der Berufung das Urteil des AG Würzburg.

Die verdeckte Videoüberwachung war nicht verhältnismäßig, da nicht alle Maßnahmen zur Erforschung des Sachverhalts ausgeschöpft waren.

Das LAG Nürnberg führt hierzu im Urteil aus:

„Hier konnte die Beklagte nicht zur Überzeugung des Gerichtes darstellen, dass sie vor der Installation und Inbetriebnahme der Überwachungskamera andere, nicht in das Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmer eingreifende Mittel zur Aufklärung des Verdachtes des Diebstahles von Spirituosen ausgeschöpft hat und die Kameraüberwachung das praktisch einzig verbliebene Mittel zur Aufklärung der Täterschaft war.“

Rechtsprechung des BAG

Die verdeckte Videoüberwachung bei dem Verdacht auf eine Straftat ist ein regelmäßig wiederkehrendes Thema. So entschied der BGH in einem anderen Fall, bei grundsätzlichen Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 BDSG (zur Zeit des Urteils § 32 BDSG a.F., der dem heutigen § 26 BDSG entspricht), dass auch grundsätzlich ein Zufallsfund verwertet werden kann. Lesen Sie hier mehr zu dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG).

Verdeckte Videoüberwachung ist umstritten

Der Einsatz von verdeckter Videoüberwachung ist in der Rechtsprechung also umstritten. Sollte sie eingesetzt werden, so ist sie „Ultima Ratio“, also das letzte Mittel zur Aufklärung eines Verdachtes einer Straftat. Die verdeckte Videoüberwachung muss, falls sie eingesetzt wird, möglichst wenig einschneidend für die Rechte der Mitarbeiter in zeitlicher und räumlicher Hinsicht gewählt werden. Also nur für einen begrenzten Zeitraum und für bestimmte betroffene Bereiche.

Unternehmen sollten hier folglich abwägen, welche anderen Schritte zu ergreifen sind, um Schwund im Lager oder ähnliche Sachverhalte aufzuklären. Es sind insbesondere weitere Schritte wie Taschenkontrollen und ähnliche Maßnahmen zu ergreifen, bevor eine verdeckte Videoüberwachung in Betracht kommt.


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